Nachdem ich einige Pläne von Flowforms gesehen hatte, wunderte ich mich über die senkrechte Leitkante der Kiele bei einigen Flowforms und über die unterschiedliche Kurvenform der Profile. Daraus ist mein Interesse an diesen Drachen und deren Vergleich gewachsen. Alle Daten, die ich von Flowforms bekommen habe, sind in einem angepaßten Maßstab gebracht, um sie direkt miteinander vergleichen zu können.
Am Anfang wurden alle Skizzen von Hand für den Vergleich gezeichnet. Der Vergleich der Flowforms enthält folglich alle Fehler, die beim Zeichnen und beim Auslesen der Daten gemacht wurden. Mit der zweiten Ausgabe wurden entsprechende Daten direkt aus den vorhandenen Informationen entnommen und mathematisch aufbereitet für den Vergleich der Flowforms verwendet.
Einige Leute hatten Problem mit dem Bauen und Fliegen von Flowforms und sie fragten mich, welche Flowform am Besten zu bauen ist. Es ist nicht mein Ziel zu sagen, diese Flowform ist gut und jene Flowform ist schlecht. Dieser Vergleich sollte als ein Überblick über verfügbare Flowforms (fertig hergestellt oder als Bauplan) mit einigen technischen Informationen und meinen Ansichten betrachtet werden.
Leitkante (Leading edge)
Die zum Wind gewandte Kante wird als Leitkante bezeichnet. Bei stablosen
Drachen gibt es eine obere Leitkante an der Oberdecke (zum Himmel gewandte
Seite) und eine untere Leitkante an der Unterdecke (zum Boden gewandte
Seite).
Schleppkante (Trailing edge)
Die vom Wind abgewandte Kante wird als Schleppkante bezeichnet. Bei
Flowforms kann sie gerade oder V-förmig mit Mittelöffnung (Jet chute)
sein.
Anstellwinkel (angle of attack)
Der Anstellwinkel beschreibt die Wirkungrichtung des Windes auf die
Unterdecke des Drachens. Bei einem flachen Anstellwinkel streift der Wind
über die Fläche, ohne großen Widerstand zu treffen. Der Auftrieb und die
Zugkraft auf der Leine sind in dem Fall entsprechend klein. Beim größten
Anstellwinkel (90 Grad) drückt die Windkraft senkrecht auf die Unterdecke
des Drachens. Der Widerstand ist am größten, produziert die größte Zugkraft,
aber keinen Auftrieb. Erst bei einem Anstellwinkel zwischen diesen
Extremwerten wird auch Auftrieb durch Ablenken des Winddruckes erzeugt. Der
größte Auftrieb wird demnach bei einem Anstellwinkel von 45 Grad erreicht.
Zugwinkel (angle of drag)
Der Zugwinkel beschreibt die Wirkrichtung der Zugkraft der Leine auf die
Unterdecke des Drachens. Die Differenz zwischen Anstellwinkel und Zugwinkel
beschreibt ungefähr den Flugwinkel des Drachens am Boden.
Aspect Ratio
Das Verhältnis zwischen Breite des Drachens und der mittleren Profillänge
wird als Aspect Ratio bezeichnet. Bei einem Aspect Ratio kleiner eins ist
der Drachen schmaler als lang. Bei einem Aspect Ratio von eins ergibt sich
eine quadratische Grundfläche. Ein Aspect Ratio größer eins bedeutet, daß
der Drachen breiter als lang ist. Der Aspect Ratio wird in drei Bereiche
eingeteilt:
LAR | Low Aspect Ratio | Aspect Ratio ist kleiner als 1 |
MAR | Medium Aspect Ratio | Aspect Ratio ist zwischen 1 und 6 |
HAR | High Aspect Ratio | Aspect Ratio ist größer als 6 (Wird bei Drachen kaum verwendet.) |
Jet chute
Die mittlere Öffnung an der Schleppkante bei Flowforms wird mit Jet chute
bezeichnet. Durch Ausströmen der Luft aus dem Drachenkörper wird ein
Stabilisierungseffekt erzielt.
Äußere Luftausgleichslöcher (Air flow holes)
Bei Flowforms befinden sich auf Ober- und Unterdecke Löcher zum
Ausgleichen des internen Druckes. Meistens sind diese Löcher V-förmig
angeordnet, wobei auf der Oberdecke die Spitze des Vs an der Leitkante
und auf der Unterdecke die Spitze des Vs an Schleppkante liegt. Der
Ausgleich des Druckes erfolgt in beiden Richtungen und wirkt auf Auftrieb
und Stabilität.
Innere Luftausgleichslöcher (Vents)
Bei stablosen Drachen erfolgt durch Löcher in den Profilen ein
Druckausgleich zwischen den Kammern. Dieses führt beim Starten oder bei
turbulenten Winden zu einer gleichmäßigen Druckverteilung und Formgebung.
Verbundwaage
Bei mehrreihigen Waageanbindungen an den Drachen ist es vorteilhafter,
die Waageleinen nicht komplett auf den Befestigungspunkt der Flugleine
zu legen, sondern in Gruppen über Hilfsleinen. Alle Leinen einer Waagereihe
werden zusammen auf ein Ring geführt und müssen nur einmal korrekt
eingestellt werden. Von jedem dieser Ringe wird eine Hilfsleine zum
Befestigungspunkt der Flugleine geführt (Verbund). Durch Ändern dieser
Hilfsleinen wird in einfacher Weise das Einstellen des Anstellwinkels
vorgenommen.
Profilhöhe
Gegenüber der Parafoil hat die Flowform meistens ein höheres Profil und das
Maximum ist mehr zur Leitkante orientiert. Die Parafoils von Jim Rowlands
machen dabei eine Ausnahme. Auch bei seinen Flowforms ist der Profilverlauf
anderst gestaltet als bei anderen Flowforms.
Lufteintritt
Bei der Flowform werden relativ große Lufteintritte verwendet, die im
Durchschnitt mehr als 50 Prozent der maximalen Profilhöhe ausmachen. Bei den
Parafoils wird meistens ein Lufteintritt von unter 50 Prozent benutzt. Der
Winkel des Lufteintritts ist bei Flowforms meistens steiler als bei Parafoils.
Luftausgleichslöcher
Die Parafoil besitzt keine Luftausgleichslöcher auf Ober- und Unterdecke.
Die Luftausgleichslöcher zwischen den Kammern sind bei Parafoils meistens
kleiner als bei den Flowforms.
Kielausführung
Die Kiele der Parafoil wird wie bei der Flowform normalerweise an jeder
zweiten Kammerwand angebracht. Die Flowform verwendet eine Fläche für den
Kiel und bei der Parafoil werden mehrere Flächen benutzt. Die Kiele der
Flowforms sind in der Regel größer als die der Parafoil und weisen eine
senkrechte Leitkante auf.
Waagenanbindung
Die meisten Flowforms besitzen eine einreihige Waageanbindung, die an den
Enden der Kiele unterhalb der unteren Leitkante angebracht sind. Parafoils
besitzen meist eine zwei- oder dreireihige Waageanbindung.
Schleppkante
Bei den Flowforms sind an der Schleppkante die mittleren Kammern für die
Stabilisierung offen (jet chute). Parafoils haben eine gerade Schleppkante
und alle Kammern sind geschlossen. Die meisten Flowforms haben eine geformte
Schleppkante, die aus einem Auschnitt oder aus V-förmig verlängerten äußeren
Profilen besteht.
Aspect Ratio
Die meisten Flowforms besitzen ein Aspect Ratio von kleiner 1. Bei einigen
wird dieser Wert durch die Ausführung der Schleppkante verändert. Die
größeren Parafoils besitzen meist ein Aspect Ratio von größer 1. Die kleineren
dagegen können auch ein Aspect Ratio von kleiner 1 haben.
Flugeigenschaften
Parafoils können sehr unruhig fliegen und das Flugfeld abräumen. Sie haben
einen enormen Leinenzug bei einen steilen Flugwinkel. Zur Stabilisierung ist
meistens ein Schleppsack erforderlich. Flowforms entwickeln gegenüber der
Parafoil wesentlich weniger Leinenzug und fliegen stabiler als Parafoils.
Einige Flowforms fliegen schon bei sehr geringen Windgeschwindigkeiten.
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©2015 Harald Prinzler